Montag, 5. Februar 2007

Absinth

Meinen diesjährigen Geburtstag habe ich in Prag verbracht. Schon im Vorfeld habe ich verkündet, dass ich eigentlich nur einen Wunsch hätte, nämlich einmal Absinth zu trinken.

Ich gebe es zu: Dieses im 19. Jahrhundert als Künstlerdroge verrufene alkoholisches Getränk von smaragd-grüner Farbe, auch als grüne Fee bezeichnet, betrachte ich schon seit ich das erste Mal davon gelesen habe, romantisch verklärt.

Nachdem es in allen europäischen Staaten verboten wurde, weil der Inhaltsstoff "Thujon" nicht nur Halluzinationen verursachte, sondern das zentralen Nervensystem dauerhaft schädigt, was seinen Höhepunkt in der tragischen Geschichte des notorischen Trinkers, Jean Lanfray aus Lausanne fand, der im Delirium seine ganze Familie umbrachte, ist das Getränk heute wieder erlaubt. Selbstverständlich ohne den giftigen Inhaltsstoff.

Prag fand ich für den Selbstversuch ziemlich geeignert, weil ich mir das Paris des 19. Jahrhunderts in etwa so vorstellte, wie Prag heute aussieht. Wir saßen also in einer Prager Hinterhofkneipe, es war 18.00 Uhr und ca. 35°C warm. Der Künstler in mir war der Meinung, es wäre nun Zeit für meinen ersten Absinth. Der kam dann auch, sah allerdings schon nicht so aus, wie auf dem berühmten Gemälde von Degas. Kein Wasser, kein Eis, sondern nur ca. 50 ml giftgrüner Alkohol. Was ich bis dahin noch nicht wusste: Absinth enthält 70-75% Alkohol. Dieser war es dann wohl auch, der mir kurz darauf meine Kehle verbrannte. Selbst das schleunigst nachgeorderte Eis konnte da nichts mehr retten.

Müßig zu sagen, dass mich danach weder die Muse, noch meine Frau mehr küssen wollte. Immerhin verstehe ich nun ein klein wenig mehr warum van Gogh, das berühmteste Absinth-Opfer, sich im Rausch ein Stück seines Ohrs abgeschnitten hat.

Keine Kommentare: